21aug01
i think i´m off
es muß sein. und es kann nicht verschoben werden. nur jetzt ist gelegenheit.
es kann nicht verschoben werden. es war schon beschlossen.
zweifel?
ich bin "schlecht vorbereitet". wie kann es sowas geben? schlecht ausgerüstet?
ich hab nur angst vor einer panne. ich muß in arad flickzeug auftreiben...
vielleicht sollte ich nicht jetzt losfahren, sonst bin ich um zwei uhr
nachts in arad, das wär schlecht. oder gut: dann wär ich in der
mittagshitze schon in be'er sheva.
erstmal nochmal ins internet. dann entscheiden.
gepackt ist alles.
oh, my first mother monkey!!
nachdem ich die halbe nacht wie ein hotelgeist rumgetigert bin, hatte
ich mich um drei uhr endlich soweit gepushed, daß ich den drahtesel aus
dem elfenbeinturm zu tragen wagte, und zu dem entschluß kam, that it was
a good idea to come down from the trees in the first place.
"Oh, my first mother monkey!!" ersetzte ich 18 stunden später das
"Oh, my god" durch ein darwinistisches äquivalent, um diesbezüglichen
forderungen einer israelischen familie gerecht zu werden. man hatte mir
im kibbutz shalom kerem verboten, oh my god zu sagen, wenn ich nicht an
den schöpfungsakt glaubte. die verbale neubesetzung hielt nicht lange
stand: vier wochen später im lieblichen verona, dem schauplatz eines weiteren
spiels, kritisierte ein französischer informatiker und denker die projektion
des sechsten schöpfungstages auf die evolution des menschen aus dem stamm
der menschenaffen als unpassend, da die evolution dort einen netten, aber
nicht den bedeutendsten schritt getan hat. ich bot ihm im tausch gegen
abrahams wurschtkessel ein noch existenzialistischeres "Oh, my first potential
asymmetry", was seinen ansprüchen auf ursprünglichkeit scheinbar genügte.
ein paar tage später kam ich aber auf meine erste affenmutter zurück,
da sie ironischerweise gleichzeitig die geburt aller gottheiten bedeutet.
natürlich wußte ich, was auf mich zukam, aber natürlich wußte ich auch,
daß ich jederzeit nur den lenker drehen mußte, um direkt zurück bis zum
hotel zu rollen: nach arad sind es 35km, vom toten meer, 400 meter
unter dem meeresspiegel auf 620m höhe. die 1020m höhenunterschied sind
ungleich verteilt, aber es geht stetig bergan. am meer ist es noch morgens
um drei richtig heiß, dafür hat man hier aber noch die hohe sauerstoffkonzentration,
die einen hier unten fahren läßt wie eine maschine, ohne daß man die anstrengung
wahrnimmt oder ins schnaufen gerät. aber im lauf der strecke verschwindet
sie. die nacht ist geeignet für aussichtslose strecken wie diese. man
registriert nicht, wie unendlich langsam man ist, hat keinen fernen horizont
und kann besser in gedanken versinken, während die füße dafür sorgen,
dass das fahrgeräusch dableibt. als die lichter der hotels, salzwerke,
kibbutzim, von sodom, newe zohar und den jordanischen ufersiedlungen
von zwei bergkanten abgeschnitten wurden, wußte ich, wie hell es unter
dem klaren sternenhimmel bleibt. obwohl ich zuwenig luft in den reifen
hatte, was natürlich den fahrwiderstand erhöht, kam mir der blöde surrende
dynamo vor wie die lichtmaschine eines schaufelradbaggers. da ein vor
mir auftauchender tunnel sich als busch entpuppt und die straße ungefähr
so befahren ist wie die strecke zwischen grombühl nach oberdürrbach bleibt
die lampe also aus. so finden mich auch nicht so viele reissende bestien.
this is what the hitchhiker's guide to the zoo has to say about the
subject of...
wild dogs in northern africa
im gegensatz zu französischen landstraßen, wo relativ undiplomatische
deutsche schäferhunde zwar auch nur ihrem job nachkommen, indem sie fremdlinge
(also diejenigen, die nicht gerade in herrchens bettchen schlafen) hinterrücks
aus dem busch anspringen und in stücke reißen (oder, falls auf fahrrad
unterwegs, vermittels wohlchoreographierter überraschungsdramaturgie dazu
bewegen, in zwei sekunden auf 48km/h in der ebene zu beschleunigen, um
mit wildem geschrei zu kommentieren, wie das einlullende fahrgeräusch
in der sonst totenstillen nacht da plötzlich zwei meter neben einem zerrissen
wird von irgendetwas, irgendetwas GROSSEM, das sich zuerst berserkend
neben einem durch die büsche wälzt, um sich dann als zähnefletschendes
untier über einen mannshohen zaun zu werfen und vor einem auf der straße
zu stehen), also im gegensatz zu solchen französischen landstraßen, sollten
israelische und später noch mehr ägyptische straßen eher als ursprung
dorf, mensch oder auch einfach so schöne orte freischaffend bewachender
straßenköter herausstellen.
dort sollte man tag und nacht eine stabile eisenstange griffbereit haben,
denn wo man hierzulande erwarten würde, daß irgendjemand schon zurückpfeifen
würde, wenn bello die gäste etwas wild beschnuppert, kann man im nahen
osten davon ausgehen, daß sich keiner für mithunde verantwortlich fühlt,
die sind halt auch da, und daß die hunde es nach türsteher-art auch nicht
interessiert, wer da wohl auf dem fahrrad sitzt. man wird ungeachtet des
momentanen energievorrates zu folgendem schauspiel gezwungen:
- assoziation einer topographie, eines leerstehenden hauses, beduinenlagers,
dorfes mit wilden kötern.
- bestätigung der assoziation durch siebenten sinn, geruch oder gar
gebell.
- sichtkontakt mit friedlichen, degenerierten, hellbraunen hunden,
die rumlungern und meistens noch gar nichts ahnen (degeneriert).
- erscheinen auf dem hunderadar, unausweichlichkeit eines sportlichen
rennens, und jetzt das gemeinste: adrenalinschub, unterbewußtes beschleunigen,
während die scheißköter -entschuldigung- in aller ruhe den für sie günstigsten
punkt abwarten, in hyperbeln auf meinen kurs einzuschwenken.
- zücken der mitgeführten metallstange. evtl. dorfbewohner zeigen keine
reaktion, glotzen dumm.
- erreichen der persönlichen höchstgeschwindigkeit, zählen der hunde,
fear and loathing über soviel energieverschwendung wegen ein paar lächerlicher
blutrünstiger kretains.
- links überholt der erste. weit und breit kein 42tonner auf der gegenspur,
der in manchen fällen schon mal als grund anerkannt wurde, die verfolgung
aufzugeben, weil sonst matsche. hoffen auf die reviergrenze.
- die hunde fallen zurück. wahrscheinlich wäre genau dasselbe, nur
etwas langsamer passiert, wenn man nicht beschleunigt hätte. es passiert
halt. auch wenn man stur gerade ausschaut und so tut als sei man ein
42tonner (fahrradlampe...).
viele sagen, sie rennen halt, wenn sich was bewegt. aber keiner konnte
von sich sagen, er sei langsamer gefahren, als er konnte. und wenn - wahrscheinlich
hätten diese monster nicht mal einen knochen von ihm in der wüste liegen
lassen. und ein tolles fahrrad -hey!- das kann doch jeder dort gebrauchen,
oder? es lag halt auf der straße, mensch.
23aug01
crossing all over
ich sitze erst seit einer stunde hier. obwohl man sich
zunächst einen gewissen spielraum zur absicherung der innern ruhe am grenzübergang
ISRAEL-EGYPT einräumte, und mich aus dem bauch heraus auf zehn uhr warten
hieß, konnte ich durch subtile hartnäckigkeit, d.h. by not turning
around and going away, auf neun uhr runterhandeln. das lag an den
öffnungszeiten der eigentlichen grenze, die erst noch kommt, und zwar
da hinten, 300 meter, und man darf nicht mit dem fahrrad dahin fahren,
sondern muß mit dem bus, und das kostet.
um acht fuhr dann der erste bus. man erklärte mir, der vollbesetzte bus
führe nicht über die grenze, sondern, der vollbesetzte bus sei the
man who opens the border on the other side. soso. der reißende charm
eines durchgeknallten deutschen, der vorhat, bezahlten aufenthalt in einem
4-sterne-hotel in israel gegen einen fahrradmördertrip durch den sinai
einzutauschen war mir leider nicht vergönnt, an der ägyptischen grenze
zum argument zu werden gegen stundenlanges filzen und warten, gegen mißtrauen
und verdächtigungen, ich könnte terrorist, schmuggler, spion oder gar
hobbygrenzübergänger sein: ich mußte mit dem bus, konnte nicht mit dem
fahhrad rüber. und während die besten morgendlichen fahrradstunden verstrichen
und aus einem frischgeduschten michael eine hungrige attraktion für hungrige
fliegen wurde, kam und ging der bus, immerhin freundlich winkend.
schon beim nächsten trip durfte ich mit, come, stop, open, enter, close,
go. fantastisch. der busfahrer war so unkompliziert, die sache mit dem
"waschen", scheinbar vorbereitende pflicht zur leibesvisitation, wurde
gar nicht mehr erwähnt. wir fuhren. durch das tor! und, nach kurzem (ca.
10min) blabla, noch 50 meter weiter. yeah. als der bus langsamer wurde,
dachte ich, soweit war ich noch nie! als er zum stillstand kam, und ich
den fahrer im rückspiegel suchen meinte (nein, er schaute nicht besorgt
rüber zu den ägyptern, wie ich erst befürchtete), begriff ich, daß wir
auf unsere nachhut warteten, ein gescheiter panzer, der die ganze zeit
hier irgendwo rumkreuzt, wie ein kind, daß eine neues major toy hat. nachhut
kam nicht in die gänge. als der bus den rückwärtsgang testete, wurde ich
nervös. ok, kein ernsthaftes problem, the bus can go, nur der mit dem
fahrrad wieder raus, bitte. Hm.. too early. bei anschließendem käffchen
mit dem vermeintlichen grenzposten fand ich heraus, daß der bus nicht
zur ägyptischen grenze fährt. außerdem befand ich mich nicht an der israelischen
grenze, sondern an einer militärkontrolle, die durch shuttleparty mit
dem dreiländereck israel-palästina-ägypten verbunden war, 1km von hier.
die eigentliche grenze, durfte ich um neun gottseidank herausfinden, stand
erst noch bevor.
und gestaltete sich like this: wir fuhren entlang der grenze, bogen am
ende der straße aber nicht richtung staubiger fallbaum like marokko, was
unweigerlich der erste meter ägypten sein mußte (immerhin hab ichs jetzt
gesehen), sondern nach links, wo der gazastreifen beginnt. ich war wirklich
etwas angespannt. alles, was mir zu einem reibungslosen grenzübertritt
noch fehlte, war, mich geographisch in palästina zu befinden. der bus
durfte nach kurzer inspektion eine flughafenähnliche anlage befahren.
danke. darin freundliche, englisch sprechende israelis, die mir 100DM
in einen stempel, ein kärtchen und 66 E£ (ejiptien paund) tauschten,
18 euro. außerdem hätte ich dort gelegenheit gehabt, CocaCola zu kaufen,
vielleicht sogar feste nahrung. aber, immer noch hoffend, ich würde die
mittaxhitze in einer imaginären ägyptischen stadt nahe hinter der grenze
verbringen, folgte ich den anweisungen des personals und verließ das areal
durch die sich freundlicherweise erhebende schranke (danke. in diesen
momenten fühlt man sich dann besser.).
ich überquerte die staubige straße. aufkommende
hochspannung wurde von einem schneeweiß gekleideten, ägyptischen hageren
alten staatsdiener durch ein "passport, please! Allemagne? welcome!" in
unglaubliches staunen sublimiert und keine zehn sekunden später durch
seitliche zurufe arabischen klanges wieder in feste gesichtsformen gebracht.
dort war das schrankenmännchen gut 30 jahre jünger und sagte in ausfallend
lockerem tonfall zu mir: "passport, please! Allemagne? Welcome!" das wars.
ich hörte meine sicherungen noch knallen, und mit dem fanatischen lachen
eines durchgeknallten deutschen, der bezahlten aufenthalt in einem vier-sterne-hotel
am toten meer gegen einen survivaltrip durch den sinai eintauscht, gab
ich dem fahrrad einen lustigen kick, obwohl ich keine straße sehen konnte,
die von diesem umzäunten platz führte, an dem sich übrigens berge von
gepäck für einen karibikkreuzer und deren 200 besitzer sowie 2 busse to
carry all of that im staub verteilten. (die busse waren allerdings schon
bis an die fenster und höher von außen AUF den gepäckklappen, die wegen
dem alltäglichen übergepäck nicht mehr zugingen, sondern waagerecht abstanden,
mit weiteren nicht so alltäglichen übergepäck bestapelt, und glichen zwei
gepäckbergen mit reifen und gucklöchern.) ich schlug den lenker zur rundfahrt
auf dem platz ein, und als ich ihn geraderichtete, weil ich einen ausweg
neben einer halle sah, mußte ich leider die erfahrung machen, daß die
große halle für MICH da stand.
ägyptische gepäckförderbänderförderten
das förderbare gepäck auf die ägyptische seite, mein fahrrad wurde auf
rauschgift, sprengstoff und spionagematerial untersucht, indem man mit
den fingern den reifendruck und den des rahmens prüfte. den armaturen
(die gemein einfache funktionsweise meiner klingel hat schon auf israelischer
seite menschen an die grenze ihres problemlösungsvermögens gebracht),
den federmechanismen (gabel&sattel) sowie der beleuchtung war man gezwungen
blind zu vertrauen, da es offensichtlich für diese komplizierten teile
keine genormten grenzprüfprogramme gab. ein kleiner härtetest (fall aus
ca. 30cm höhe) glich diese sicherheitslücke auf charmante weise aus und
bezeugte allen: ein deutsches fahrrad.
auf der anderen seite, die ägyptischen gepäckförderbänder mit der aufschrift
"HEINEMANN - rheinmetall elektronik" hinter mir lassend,
warteten 100 azurblaue wartebänke darauf, mir beim warten behilflich zu
sein. bald wußte ich auch, daß ich jetzt auf ihnen warten möchte, denn
das war das nächste, was man, wiederum nach einem blick in meinen passport,
mich einlud, zu tun: "sit down and wait!" ok, schöner tag, ich genieß
dich, wirklich, auch von hier aus. außer den bänken half mir beim warten
noch ein äußerst wohlgebildeter palästinenser, der mit einem bein schon
in den staaten war (keine typische eigenschaft eines palästinensers) und
mir deshalb sehr gut erzählen konnte, wie er die sache mit israel sieht.
ich nahm exakt die gegenposition vom vortag ein, und warf ihm teilweise
sogar sachen an den kopf, die die kibbutz-mutter efrath über die
palästinenser geäußert hatte. nach einer halbstündigen diskussion, über
die sich die anderen 300 menschen, die inzwischen zwischen HEINEMANNs
gepäckförderbänder hervorgeschlichen waren, um die 100 azurblauen wartebänke
in verlegenheit zu bringen, sich scheinbar wunderten, beschloß ich, mal
nach dem rechten zu sehen. eine natürliche regung, ohne die ich auch noch
mit der putzfrau am nächsten morgen noch hätte plaudern können, denn wie
sagte doch der cutter von VH-1 zu mir: "if you don´t kick ass,
nothing happens."
- to be continued -
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